Kernenergie in Frankreich – Stromproduktion der Zukunft?

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Frankreich verfügt über eines der größten Atomkraftprogramme der Welt. Kernkraftwerke in Frankreich produzierten im Jahr 2021 361 Milliarden Kilowattstunden Strom, was fast 70 % der jährlichen Stromproduktion des Landes ausmacht. Dadurch hat Frankreich weltweit den höchsten Anteil an der Stromerzeugung aus Kernenergie.

Ausbau von AKWs: Ein großer Sprung nach der Ölkrise

Der erste kommerzielle Kernreaktor in Frankreich ging in den 1960er Jahren ans Netz. Nach der Ölkrise von 1973 begann das Land dann Mitte der 1970er mit einem groß angelegten Plan zum Bau seines Atomkraftwerks. Während der Ölkrise produzierten Ölkraftwerke einen erheblichen Teil des französischen Stroms.

Heute verfügt Frankreich über 56 in Betrieb befindliche Kernreaktoren mit einer Gesamtkapazität von 61 Gigawatt und liegt damit nach der US-amerikanischen Kernkraftwerksflotte mit 95 GW an zweiter Stelle. Im Jahr 2021 machten Kernkraftwerke 19 % der US-amerikanischen Stromproduktion aus.

Frankreich – vom Stromimporteur zum -exporteur

Da Frankreich nur über wenige eigene fossile Brennstoffressourcen – Kohle, Öl oder Erdgas – verfügt, besteht ein hohes Risiko von Preisschocks. Um die heimische Energieversorgung zu erhöhen und die Abhängigkeit von Importen zu verringern, setzt das westeuropäische Land auf Atomkraft.

Zwischen 1975 und 1990 wurden 52 neue Kernreaktoren gebaut und an das französische Stromnetz angeschlossen. Der Ausbau der Kernkraftwerksbasis des Landes hat Frankreich von einem Importeur zu einem Exporteur von Strom gemacht.

Während die Französische Republik bereits Europas größter Nettostromexporteur war und Strom in Länder auf dem gesamten Kontinent lieferte, haben Frankreichs Kernenergieerzeugung und Stromexporte in jüngster Zeit noch mehr an Bedeutung gewonnen. Dies soll den europäischen Ländern helfen, sich künftig besser an den starken Rückgang der Erdgasimporte aus Russland anzupassen.

In den letzten 10 Jahren hat Frankreich bis zu 70 Netto-Terawattstunden pro Jahr exportiert. Bereits im ersten Halbjahr 2021 war das Land der größte Stromexporteur Europas. Was besonders für Italien und Großbritannien wichtig war.

Die Bedeutung der Kernenergie für Frankreich und darüber hinaus

Die Kernenergie ist derzeit Frankreichs drittgrößter Industriesektor. Der Bereich, der 200.000 nicht verdrängbare qualifizierte Arbeitsplätze repräsentiert, umfasst mehr als 2.500 Unternehmen im ganzen Land.

Als hochmoderner Sektor ist das Qualifikationsniveau der Arbeitsplätze doppelt so hoch wie der Branchendurchschnitt und die Branche hat bis 2020 jährlich über 7.000 neue Mitarbeiter in technischen Disziplinen gewonnen. Der Nuklearsektor leistet auch einen positiven Beitrag zur französischen Handelsbilanz von 6 Milliarden Euro pro Jahr.

Hier sind kurze Thesen, die die Kernenergieindustrie in Frankreich heute charakterisieren:

  • Frankreich ist aufgrund seiner sehr niedrigen Produktionskosten der weltweit größte Nettoexporteur von Strom und erhält dadurch mehr als 3 Milliarden Euro pro Jahr.
  • Aufgrund einer langjährigen, auf Energiesicherheit ausgerichteten Politik bezieht Frankreich etwa 70 % seines Stroms aus Kernenergie.
  • Die unter der früheren Regierung im Jahr 2014 verabschiedete Regierungspolitik zielte darauf ab, den Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung bis 2025 auf 50 % zu reduzieren. Dieses Ziel wurde 2019 bis 2035 verschoben und dann 2023 aufgegeben.
  • Im Februar 2022 kündigte Frankreich Pläne zum Bau von sechs neuen Reaktoren an und erwägt den Bau von acht weiteren.

Heute, wo die Frage der Stromversorgung besonders dringlich ist, entwickelt das Land aktiv Nukleartechnologien. Etwa 17 % des französischen Stroms stammen aus recyceltem Kernbrennstoff. Reaktoren und insbesondere Brennstoffprodukte und -dienstleistungen stellen hier einen bedeutenden Exportartikel dar.

Französische Atomindustrie als Energieunabhängigkeit für Europa

Die derzeitige Struktur der Stromerzeugung in Frankreich ist das Ergebnis einer Entscheidung der französischen Regierung aus dem Jahr 1974. Dies war eine Folge des Ölschocks, nach dem die Behörden beschlossen, die Kernenergiekapazität des Landes rasch auszubauen. Zum Einsatz kamen Westinghouse-Technologien.

Es hat auch geholfen, dass Frankreich über beträchtliche Erfahrung im Bereich des Schwermaschinenbaus verfügt. Allerdings gibt es im Land nur wenige bekannte lokale Energieressourcen. Da die Brennstoffkosten einen relativ geringen Teil der Gesamtkosten ausmachen, war die Kernenergie sinnvoll, um Importe zu minimieren und eine größere Energiesicherheit zu erreichen.

Als Ergebnis der Entscheidung von 1974 behauptet Frankreich nun ein hohes Maß an Energieunabhängigkeit und extrem niedrige Kohlendioxidemissionen pro Kopf bei der Stromerzeugung. Mehr als 80 % des Stroms der Republik werden durch Kern- oder Wasserkraft erzeugt.

Es kam aber auch zu Atomausfällen im Jahr 2022. Damals produzierte der französische Reaktorpark 282 TWh und lag damit deutlich unter dem Zehnjahresdurchschnitt von 395 TWh.

Die Électricité de France schätzt, dass die Stromerzeugung im Jahr 2024 315–345 TWh und im Jahr 2025 335–365 TWh betragen wird.

INFO: Jeder Euro, der in die Atomindustrie investiert wird, schafft dreimal mehr Arbeitsplätze als in anderen Stromerzeugungssektoren. Aufgrund ihrer technischen Natur werden die meisten Aufträge an französische Unternehmen vergeben.