Spannungen im Kosovo verzögern den EU-Beitritt

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Trotz der Unabhängigkeit des Landes kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Serbien. 2022 wurden Kompromisse bei Pässen und Kennzeichen gemacht. Doch in diesem Jahr droht der Konflikt erneut zu eskalieren.

Kosovo und Serbien wollen Vereinbarungen umsetzen

Im Norden des Kosovo kommt es seit mehreren Monaten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen der albanischen Mehrheit und der serbischen Minderheit. Kosovo erklärte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien. Das hat das benachbarte Serbien jedoch bis heute nicht anerkannt.

Gegenseitige militärische Drohungen verliehen dem Streit Ende 2022 erneut eine Sicherheitsbedeutung. Vor allem die Europäische Union versucht, zwischen Kosovo und Serbien zu vermitteln, da beide Länder nun EU-Beitrittskandidaten sind.

Allerdings wollen auch Kosovo und Serbien die Beziehungen zwischen ihren Ländern verbessern. Mit Hilfe der EU einigten sich die Regierungschefs beider Länder darauf, das bereits geschlossene Abkommen umzusetzen. Aber es ist noch nicht unterschrieben.

Warum ist ein neuer Konflikt aufgetreten?

Alles begann Ende des Sommers 2022. Die kosovarische Regierung gab bekannt, dass ab dem 1. November von Serbien ausgestellte Fahrzeugpapiere und Kennzeichen für Autos aus kosovarischen Städten nicht mehr gültig sind. Dies führte zu Bußgeldern. In der Folge erreichte der sich seit Jahren entwickelnde Streit um Nummernschilder einen Höhepunkt.

Nachdem im November serbische Nummernschilder im Kosovo nicht mehr gültig waren, zogen sich Angehörige der serbischen Minderheit aus den gemeinsamen Institutionen des Kosovo zurück. Auch die serbische Polizei weigerte sich zu arbeiten. Am 6. November brachen in der teilweise serbischen Stadt Mitrovica Proteste aus.

Danach berichteten verschiedene News-Quellen, dass serbische Truppen nahe der Grenze zum Kosovo stationiert seien. Ende November wurde auf Vermittlung Frankreichs und der EU eine Einigung erzielt: Der Kosovo werde keine weiteren Maßnahmen zu in Serbien ausgestellten Nummernschildern ergreifen, und Serbien werde keine neuen Nummernschilder mehr für den Kosovo ausstellen.

Im Dezember kam es jedoch zu neuen Streitigkeiten

Nach der Festnahme eines ehemaligen serbischen Polizisten eskalierten die Spannungen erneut. Die Serben errichteten Straßensperren im Norden des Kosovo, während die kosovarische Regierung Polizisten aus dem Süden entsandte. Serbien forderte daraufhin die „Rückkehr“ der serbischen Sicherheitskräfte in den Norden des Kosovo und erklärte zudem die höchste Kampfbereitschaft seiner Streitkräfte.

Als Reaktion darauf schloss die kosovarische Regierung den wichtigsten Grenzübergang nach Serbien. Am 29. Dezember einigten sich die Serben im Kosovo darauf, ihre Straßenbarrikaden abzubauen.

Neue Entwicklungen befeuern den Konflikt

Anfang Januar 2023 forderte der kosovarische Präsident Albin Kurti die Stärkung der NATO-Truppen in seinem Land und kündigte den Ausbau der kosovarischen Streitkräfte an. Ein weiterer Vorfall ereignete sich am 6. Januar, als ein Kosovo-Soldat zwei Serben im Alter von 21 und 11 Jahren außerhalb seines Dienstes erschoss.

Am 8. Januar lehnten die Internationalen Sicherheitskräfte im Kosovo den Antrag der serbischen Regierung auf „Rückkehr“ von 1.000 Sicherheitskräften in den Kosovo ab. Unterdessen sagte der serbische Präsident Aleksandar Vučić, er könne einen deutsch-französischen Kompromiss akzeptieren, um die Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo zu normalisieren.

Streit um Reisepässe

Vorausgegangen war im Sommer 2022 ein Streit um Einreisedokumente. Die Regierung des Kosovo unter Führung von Albin Kurti hat angekündigt, bei der Einreise in den Kosovo keine serbischen Personalausweise mehr zu akzeptieren. Diese Regelung betraf vor allem die serbische Bevölkerung im Norden des Kosovo.

Die Regeln für den Grenzübertritt seien, so der Präsident des Kosovo, eine sogenannte Gegenseitigkeitsmaßnahme, da Serbien seinerseits die Kosovo-Dokumente nicht anerkenne. Der Konflikt wurde durch einen Kompromiss beigelegt. So wurde unter Vermittlung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell am 27. August 2022 eine Einigung zwischen den Ländern erzielt.

Der serbische Präsident Aleksandar Vučić erklärte sich bereit, vorübergehende Ein- und Ausreisedokumente für Personen mit kosovarischen Pässen zu annullieren. Kurti versprach seinerseits, solche Anforderungen für Menschen mit serbischen Pässen nicht einzuführen.

Derzeit keine Chance auf EU-Beitritt

Inmitten der Spannungen reichte Kosovo am 15. Dezember 2022 einen formellen Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union ein. Bereits am Vortag hatten sich die EU und Kosovo darauf verständigt, dass Kosovo-Bürger innerhalb von 180 Tagen für 90 Tage ohne Visum in die EU spätestens ab dem 1. Januar 2024 einreisen dürfen.

Gleichzeitig verhandelt die Europäische Union seit 2011 über ein Abkommen zur langfristigen Beilegung aller bestehenden Konflikte zwischen dem Kosovo und Serbien, das ebenfalls ein Beitrittskandidat der Union ist. Die Vereinbarung sollte ursprünglich bis März oder April 2023 abgeschlossen werden.

Im Herbst 2022 wurde ein nichtöffentlicher Kompromissvorschlag angekündigt, der von Frankreich und Deutschland in die Verhandlungen eingebracht und von den USA unterstützt wurde. Der Vorschlag sieht keine offizielle Anerkennung des Kosovo durch Serbien vor, sondern ein Ende der serbischen Blockade der Mitgliedschaft des Kosovo in internationalen Organisationen wie der UNO.

Bisher war dies aufgrund der ablehnenden Haltung Russlands als enger Verbündeter Serbiens nicht möglich. Mitte Januar 2023 kündigte der serbische Präsident seine Kompromissbereitschaft in dieser Frage an. Der Beitritt zur EU ist für beide Staaten erst möglich, nachdem sie ihre Beziehungen normalisiert haben.

Der Kosovo muss zunächst als Staat in der EU und international anerkannt werden. 117 Länder erkennen den Kosovo völkerrechtlich an, allerdings haben China, Russland und das EU-Mitglied Spanien dies noch nicht getan. Um der EU beizutreten, musste Serbien auch die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen. Präsident Vučić weist dies kategorisch zurück.